FFTD vor dem Aus: Tagesordnungspunkt „Auflösung der Genossenschaft“

Am 18. Mai 2019 wurde der FFTD („Föderation Freier Taxen Deutschland“) gegründet, genauer gesagt: Der erste Teil, nämlich der Verein. Es sollte eine neue Art der Taxler-Vereinigung werden. Eine, die nicht nur redet, sondern auch handelt. Eine „App der Taxifahrer“ sollte geschaffen werden als selbstverwaltetes Gegenmodell gegen den ausbeuterischen Plattform-Kapitalismus à la Uber und FreeNow. Für diese spezielle Aufgabe sollte als zweites Standbein die FFTD-Genossenschaft gegründet werden. In der zweiten Jahreshälfte 2019 begann die Geno-Gründung, parallel wurden mehrere zehntausend Euro bei gutwilligen Unterstützern eingesammelt. Ein Jahr später steht der FFTD vor dem Aus. Abgestimmt werden soll darüber am 5. September beim Tagesordnungspunkt „Auflösung der Genossenschaft“.

 

1. Vorsitzender sowohl des eingetragenen Vereins (eV) als auch der einzutragenden Genossenschaft in Gründung (eG i.Gr.) wurde der Hamburger Taxenunternehmer Orhan Tasbilek. Im Gründungsjahr des FFTD vertrat er schon im dritten Jahr das lokale Taxigewerbe im Plenum der Hamburger Handelskammer (HK). Tasbilek umtriebig zu nennen wäre eine Untertreibung: Während seiner Zeit in der HK gründete er gleich drei GmbHs in der Hoffnung, aus diesen Wirtschaftskontakten Kapital schlagen zu können. Zu dieser Zeit war er nicht nur Mehrwagenunternehmer (5 Taxis), sondern bildete sich auch zum KFZ-Gutachter weiter. Eine wichtige Einnahmequelle bildete für Tasbilek, ebenfalls in dieser Zeit, seine Anstellung bei der Fa. FleetAd, die mit Tablet-Installationen in Taxis samt Nachrichten-Programm und Werbeschaltungen Geld verdienen wollte. Tasbileks Aufgaben waren im Bereich Verkauf und Vertrieb. So gewann er in verschiedenen Städten „Marken-Repräsentanten“ für FleetAd.

 

Zweifacher FFTD-Vorsitzender Orhan Tasbilek, sowohl bei dem Verein als auch der Genossenschaft

Zweifacher FFTD-Vorsitzender Orhan Tasbilek, sowohl bei dem Verein als auch der Genossenschaft

Zurück zum FFTD-Start am 18. Mai 2019 in der Wandbeker Königsreihe: Gut 40 Taxler haben sich zur Gründungsveranstaltung eingefunden, die meisten aus Hamburg und Umgebung. Die Stimmung ist gut und wird im Laufe der Sitzung immer kämpferischer. Daran hat auch das Präsidium entscheidenden Anteil: Iordanis „Danis“ Georgiadis aus Stuttgart, der geschickt die Veranstaltung moderiert. Fikret Arik aus Berlin, der die Versammelten mit einer Rede zu dem „Sozialprojekt Taxi-App“ begeistert (obwohl die Rede seltsam inhaltsleer bleibt). Und mit Orhan Tasbilek, der die Regie der ganzen Veranstaltung führt. Was zu dem Zeitpunkt außer den dreien keiner im Saal weiß: Alle drei sind FleetAd-Mitarbeiter. Tasbilek hat die beiden anderen geworben, und die haben in ihren Städten die FleetAd-Verträge unters Taxivolk gebracht. Hinterher bleibt die Frage: War das wirklich eine FFTD- oder nicht doch eher eine FleetAd-Veranstaltung? Tasbilik setzte unverhohlen auf Zuwendungen der Firma für den FFTD. Ob da etwas geflossen ist?

 

Trotz aller Umtriebigkeit von Orhan Tasbilek und trotz der Finanzkraft von FleetAd (mittlerweile kein kleines Startup mehr, sondern Teil der finanzkräftigen Tank&Rast-Gruppe): Vor und nach dem Jahreswechsel  2019/20 läuft es schlecht und schlechter für Tasbilek, für den FFTD und für FleetAd. Erst verliert Tasbilek immer mehr seiner Mitstreiter im Vorstand und in den Gremien des FFTD (ein Wegbegleiter wird später sagen, dass „der Orhan“ bei der Führung des FFTD „keine bella figura“ machte). Dann kommt die eigentlich schon für September 2019 angekündigte Taxi-App erst kurz vor Weihnachten zum erstmaligen Einsatz – in einer grottigen Version ohne ernsthafte Konkurrenzfähigkeit. Und schließlich stellt FleetAd Anfang des Jahres seine Zahlungen ein, auch an die Taxiunternehmer mit Tablet-Installationen in der Droschke. Orhan Tasbilek, der noch 2019, nach seinen gescheiterten GmbH-Gründungen, endlich den Geruch des großen Geldes beim Taxi-App-Projekt witterte, stand Anfang 2020 vor einem Scherbenhaufen: Im FFTD gab es unentwegt Streit, aber nur wenig Perspektive und Hoffnung. Von FleetAd floss kein Geld mehr. Und dann kam, dank Corona, auch beim einzig verbliebenen Taxi (die restlichen Genehmigungen, im Taxivolksmund „Konzessionen“ genannt, hatte zwischenzeitlich die Behörde einkassiert) und bei der Gutachter-Tätigkeit kaum noch etwas rein. Zu allem Überfluss verlor er dann auch noch seinen prestigeträchtigen Sitz im Handelskammer-Parlament.

 

Neuester Eintrag in Tasbileks LinkedIn-Profil: „Assistenz der Geschäftsführung“ bei einem Lebensmittelhändler (Halal-zertifiziert). Ob er noch Zeit findet, die Scherben beim FFTD mit wegzukehren, die er, mehr Blender als Macher, zu einem erheblichen Teil selbst produziert hat? Am 5. September 2020 wird man es im Mexikoring in der City-Nord erfahren. Spätestens beim Tagesordnungspunkt „Auflösung der Genossenschaft“.

 

 

Verlinkung: Einladung zur Mitgliederversammlung der FFTD eG i.Gr. als PDF

Artikel Taxi-Times: „fleet ad – Das Aus kam schon vor Corona“

 

 

 

Erstveröffentlichung: 06. August 2020

Autor: Clemens Grün

Foto: Webseite FFTEeG.de