LHT und FFTD: Veränderungen bei Taxiverbänden

Neuer Aufsichtsrat der FFTD Genossenschaft iG: Ayhan Actac, Clemens Grün und Hasim Anik (von links)

 

 

Der zweitgrößte Taxiverband Hamburgs, der LHT, hat nach stürmischen Wochen einen neuen Vorsitzenden gewählt. Der zweigeteilte FFTD, einerseits ein Verband und andererseits eine Genossenschaft, konzentriert sich künftig auf das begonnene Taxi-App-Projekt und löst den Bundesverband auf. Auch hier ist ein personeller Neuanfang gewählt worden.

 

Beim LHT lähmte der Kampf zwischen dem letztes Jahr gewählten Bülent Aktas und seinem Vorgänger Michael Erdogan die Verbandsarbeit (TAXI-MAGAZIN.DE berichtete). Erst löste Erdogan mit einer kurzfristig einberufenen Mitgliederversammlung Aktas wieder ab, als der noch im Urlaub in der Türkei weilte. Dann urteilte ein Gericht auf Aktas Antrag, dass diese kurzfristig einberufene Mitgliederversammlung unrechtens und damit die Erdogan-Wahl unwirksam sei.

 

Auf der neu angesetzten Mitgliederversammlung am Freitag 04.09.2020 wies vor den ca. 25 anwesenden Mitgliedern Aktas unwidersprochen darauf hin, dass die strittigen Vorstandsentscheidungen, die vor seiner Abwahl gegen ihn angeführt wurden, sämtlich einvernehmlich im Vorstand unter Einschluss von Erdogan und des mit Erdogan verbündeten 2. Vorsitzenden Ali Cem Köylüce gefällt wurden. Dazu zählen die strittige Entlassung der langjährigen Büroangestelltin S. genauso wie die umfängliche Renovierung der LHT-Büroräume. Alles war bis in die Details z.B. der zu kaufenden Laminat-Sorte in einer WhatsApp-Gruppe des Vorstandes erörtert worden.

 

Nach Angaben von Aktas, immerhin mit 75 Taxis der wagenstärkste Unternehmer der Stadt, hat der gegen ihn gerichtete „Putsch“ den schon vorher geschrumpfte Verband weiter geschwächt. Bisher seien 30 Mitglieder ausgetreten, und bei den verbliebenen 150 Mitgliedern erwartet er in nächster Zeit weitere Abgänge.

 

Akats hatte vor der Neuwahl des Vorstandes erklärt, dass er nicht mehr zur Wahl des 1. Vorsitzenden kandidieren wolle. Gleiches forderte er von seinem Kontrahenten Erdogan. So kam es , dass der langjährige Redakteur des LHT-Magazins Fahrid Ahmadi einziger Kandidat für den 1. Vorsitzenden war und gewählt wurde. Erdogan kandidierte für den 2. Vorsitz, wie Ahmadi erfolgte seine Wahl mit großer Mehrheit. Im weiteren wurden Ömer Zeybek, Michael Tonn und Ilona Hübner in den erweiterten Vorstand gewählt.

 

Einen Tag nach der LHT-Mitgliederversammlung folgten gleich zwei bei der „Föderation Freier Taxen Deutschland“ (FFTD). Ab 8:30 versammelten sich die Mitglieder der Genossenschaft in Gründung, gut 20 Mitglieder waren vertreten, teils persönlich, teils per Vertretungsvollmachten. Zuerst gab der scheidende Vorsitzende Orhan Tasbilek einen Bericht über die Entwicklung des FFTD und seiner Finanzen ab, es folgte ein kürzerer Bericht des ebenfalls nicht mehr antretenden Aufsichtsrats-Vorsitzenden Christoph Daghdelanghavi. Anschließend wurden Vorstand und Aufsichtsrat entlastet. Der Höhepunkt folgte, als der Tagesordnungspunkt „Auflösung der Genossenschaft“ vorgezogen wurde. Als alle Anwesenden einstimmig gegen diese Option votierten, löste sich in der Versammlung die anfängliche Nervosität. Daran hatte Tasbilek, flankiert von dem neben ihm sitzenden bisherigen Aufsichtsrats-Vorsitzenden Daghdelanghavi, wesentlichen Anteil. Vollends unerwartet wurde es, als Tasbilek einen seiner Anteile auf seinen bisherigen Widersacher Clemens Grün übertrug, der bis dahin mit einer Vollmacht eines anderen Genossenschaftsmitgliedes an der Sitzung teilgenommen hatte. Zum neuen Aufsichtsrat wurden schließlich Ayhan Aytac und Hasim Anik, beide aus Berlin, sowie Clemens Grün aus Hamburg gewählt. Während die beiden Berliner einstimmig gewählt wurden, erhielt Grün zwei Gegenstimmen – es wäre auch sonst ein bisschen viel der Eintracht gewesen. In einer kurzen ersten AR-Sitzung wurde Grün zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt.

 

Weiter wurde entschieden, die nächste Mitgliederversammlung, die schon in einigen Monaten stattfinden soll, in Frankfurt/M. abzuhalten. Dort soll der Aufsichtsrat eine neue Planung für die Genossenschaft und das Projekt einer gewerbeeigenen, bundesweiten Tourvermittlung mit einer mytaxi-ähnlichen App vorlegen. Zuvor hatte Grün von einem Treffen bei der Entwicklerfirma M-Tribes berichtet, wo er eine neue Version des Softwarepaketes gesehen hatte. Bei dieser waren viele der kritisierten Lücken geschlossen und Unzulänglichkeiten behoben worden waren. Die Aussicht auf eine Taxi-App auf der Höhe der kommerziellen Konkurrenten FreeNow und Uber zum Jahreswechsel schien Grün realistisch. Bis dahin müssen die Eintragung der Genossenschaft vollendet und die weiteren Finanzbedarfe für das Taxi-App-Projekt ermittelt werden. Die ehrenamtlich Gewählten, die diese Aufgaben übernommen haben, wollen nur interimsmäßig bis zur Frankfurter Sitzung im Amt bleiben. Dann sollen ein neuer Aufsichtsrat gewählt und ein neuer Vorstand bestimmt werden.

 

Im Nachgang der Genossenschafts-Versammlungfolgte fand die Mitgliederversammlzung des FFTD-Bundesverbandes (Rechtsform: Verein) statt. Sie geriet kürzer als die Geno-Veranstaltung. Nach Berichten (Vorstand, Rechnungsprüfer) wurde der Verband einstimmig aufgelöst. Tasbilek, der bisher in Personalunion Vorsitzender von Genossenschaft und Verband war, übernahm als letzte Aufgabe die Abwicklung des FFTD eV. Er hatte auf den beiden Sitzungen wiederholt erklärt, dass er es sich nicht mehr leisten könne, nur ehrenamtlich tätig zu sein. Tasbilek scheidet nach eigenem Bekunden aus dem Taxigewerbe aus. Er hinterlässt ein Fundament, auf dem andere versuchen werden, das Projekt „Taxi-App“ zu vollenden.

 

 

Autor: Clemens Grün (merkwürdig, von sich in der 3. Person zu schreiben)

Foto: privat

Erstveröffentlichung: 15.09.2020