UMWELTTAXEN: Warum müssen ausgerechnet wir die Welt retten?

In einem persönlichen Meinungs-Beitrag kommentiert SVEN ALTHORN, Taxi-Unternehmer und Vorstand bei „Taxi Altona e.G.“, seine Sicht auf das Thema „Umwelttaxen“.

 

Als ob das Taxengewerbe in den vergangenen Jahren nicht genug gebeutelt worden wäre – jetzt wird aus unterschiedlichen Richtungen auch noch die Forderung an uns gestellt, dass wir Vorreiter in Sachen Umweltschutz werden müssen. Was auf den ersten Blick als hehres Anliegen an unser Gewerbe erscheinen mag, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung allzu oft als Vehikel für die  Durchsetzung wirtschaftlicher und politischer Interessen einzelner Gruppierungen zu Lasten der zahlreichen Kleinunternehmer in unseren Reihen. Ein den finanziellen Belastungen angemessener Nutzen für die Umwelt dürfte häufig weder zu erwarten noch beabsichtigt sein.

 

Ein eindrucksvolles Beispiel, wie ein Unternehmen seine schnöden wirtschaftlichen Interessen mit einem Ökoanstrich als bedeutendes Zukunftsprojekt zu verkaufen versucht, ist das derzeit lediglich gestoppte Vorhaben einer hamburger Großzentrale, Kleinsttaxen zu einem Billigtarif anzubieten. Ohne den vorgeblichen ökologischen Nutzen des Projekts wären die Antragsteller mutmaßlich einfach ausgelacht worden. So aber genießen sie das Wohlwollen der Genehmigungsbehörde – vermutlich, weil diese in das Umweltressort integriert ist. Denn so billig lassen sich nicht alle Tage umweltpolitische Lorbeeren einstreichen. Nur weil sich das hamburger Taxengewerbe ausnahmsweise halbwegs geschlossen gegen die Billigkonkurrenz gestellt hat und sowohl ökologischer Nutzen als auch die Betriebskostenkalkulation im Verlauf der Anhörung penibel hinterfragt wurden, muss die Großzentrale noch ein wenig am Antrag feilen.

 

Aber auch die Taxenabteilung der BSU schwingt eigenhändig die Ökokeule gegen das Taxengewerbe: Im neuen offiziellen hamburger Taxenflyer werden unsere Fahrgäste aufgefordert, ausschließlich mit gekennzeichneten Ökotaxen zu fahren. Falls diese am Posten nicht präsent sind, möge der Fahrgast doch bei einer Zentrale anrufen und dort explizit ein Umwelttaxi bestellen. Auf diese Weise, so wird behauptet, könne die unglaubliche Menge von 3,6 Tonnen Kohlendioxid jährlich pro Taxe eingespart werden. Was für ein beängstigender Haufen Brausegas.

 

Es ist schon ein ungewöhnlicher Vorgang, dass die Genehmigungsbehörde davon abrät, Fahrzeuge zu nutzen, die den aktuellen Genehmigungskriterien entsprechen. Abseits der rechtlichen Bewertung ist das ein Affront gegen die Kollegen, die viele Jahre hart arbeiten müssen, um die Anschaffungskosten ihrer Fahrzeuge zu erwirtschaften. Die so locker hingeworfene angebliche Einsparung von 3,6 Tonnen CO2 dokumentiert eindrucksvoll, wie wenig Faktentreue zählt, wenn man salbungsvoll im grünen Gewand predigt. Auf Nachfrage teilte die BSU mit, dass die Basis dieser Berechnung eine Einsparung von 60 g/Km bei einer angenommenen Jahresfahrleistung von 60000 Km sei. Ein „herkömmliches“ Taxi produziere laut BSU durchschnittlich 180 g Kohlendioxid pro Km, das entspricht einem Kraftstoffverbrauch von etwa 7 Liter Diesel auf 100 Km. Ein Ökotaxi – so schätzt die Behörde mal aus der Hüfte – emittiert durchschnittlich lediglich 120 g/Km, also etwa 4,5 Liter Diesel oder eine entsprechend größere Menge Erd- oder LP-Gas. Die Grenze für den Öko-Aufkleber hat sie erstaunlicherweise jedoch auf 150 g/Km festgelegt.

 

Ob diese Werte dem realistischen Verbrauch im Taxenbetrieb entsprechen, darf bezweifelt werden. Wenn man aber von den durch die Hersteller unter optimalen Bedingungen ermittelten Verbrauchswerten ausgeht, beträgt die Einsparung einer Taxe, die mit einer Emission von 150 g/Km den Ökoaufkleber erhält zu einem aktuellen Mercedes W212 gerade einmal 10 g/Km. Nicht berücksichtigt wurden hier die Emissionen die durch die Anfahrt der Ökotaxe entstehen. Es bleibt somit eine „Ersparnis“ von 600 Kg pro Jahr oder – noch weniger spektakulär – 50 Gramm pro durchschnittlicher Tour.

 

Zur Erinnerung: Die Kohlendioxid – Emission hängt weitgehend vom Kraftstoffverbrauch ab. Ein Liter Diesel erzeugt etwa 2,6 Kg Kohlendioxid – egal ob er in einem W212, einem Strichachter oder einem Blecheimer verheizt wird. Und wie weit die von den Herstellern angegebenen Verbrauchswerte meist von den Praxiswerten abweichen, wird jeder Taxifahrer aus eigener Erfahrung wissen. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass die Lebensdauer des Fahrzeugs und der Antriebsaggregate einen entscheidenden Einfluss auf die Gesamt – Ökobilanz einer Taxe hat – so dass der Austausch eines funktionstüchtigen Fahrzeugs oder der Kauf einer kurzlebigen Ökotaxe wenig Sinn macht – wird klar, dass die großartigen Öko – Versprechen reine Schönfärberei sind. Es findet hier eher eine Politshow zum Umwelthauptstadtjahr statt, als dass – wie behauptet – die Welt verbessert wird. Leider sollen wir die Zeche für die Veranstaltung zahlen.

 

Die Genehmigungsbehörde und Teile des Gewerbes erwecken den unzutreffenden Eindruck, dass es gravierende Defizite bei der Öko – Bilanz unserer Gesamtflotte gebe. Angemessener wäre es, den unbestreitbaren Nutzen herauszustellen, den unser Gewerbe bereits mit den derzeit eingesetzten Fahrzeugen für die Optimierung des städtischen Verkehrs hinsichtlich gestiegener ökologischer Erfordernisse erfüllt. Viele Taxenbetriebe tauschen ihre Fahrzeuge nach wenigen Jahren gegen das jeweils neuste Modell aus, so dass die Gesamtflotte auf einem überdurchschnittlich aktuellen technologischen Stand sein dürfte. Die meisten Kollegen rätseln sicher bereits, warum sich ausgerechnet das Taxengewerbe mit seinen bekanntermaßen niederschmetternden Gewinnmargen umweltfreundlicher als der Rest der Bevölkerung verhalten soll. Eine gesetzliche oder moralische Grundlage für diese Forderung existiert nicht.

 

Dass derzeit die Zentralen versuchen Marktanteile zu ergattern, indem sie auf der Öko Welle reiten, ist verständlich und legitim. Der wesentliche Faktor, um die Kundenzufriedenheit zu steigern – die Freundlichkeit und Professionalität des eingesetzten Personals – lässt sich ja bekanntlich nicht so einfach positiv beeinflussen. Da erscheint es verständlich, dass nach einem Qualitätssurrogat in Gestalt einer Öko-Flotte gegriffen wird, um ein Alleinstellungsmerkmal zu simulieren. Ob das Potenzial für gewerbeinterne Kundenverschiebungen aufgrund ökologischer Präferenzen allerdings über 10% hinaus geht, würde ich bezweifeln.

 

Die Motive, die Gewerbevertreter – wie das Vorstandsmitglied des LHT, Thomas Heiden – derzeit dazu treiben, öffentlich zu verkünden, dass das Taxengewerbe dringend im Sinne einer ökologischen Nachhaltigkeit umgestaltet und das durchschnittliche Fahrzeugalter auf unter vier Jahre gesenkt werden müsse, erschließen sich mir allerdings auch bei intensivster Betrachtung nicht. Nach landläufiger Meinung soll ein Gewerbevertreter im Interesse des betreffenden Gewerbes agieren und es vor Restriktionen und finanziellen Belastungen schützen. Der Kollege macht sich leider nicht die Mühe, zu erläutern, welcher Vorteil uns – seiner Meinung nach –  aus dieser, für die Unternehmer kostenintensiven, Umgestaltung erwachsen könnten. Ich glaube nicht, dass eine nennenswerte Zahl potentieller Fahrgäste begierig darauf wartet, dass wir unsere Flottenemissionen senken, um dann ausufernd unsere Dienste in Anspruch zu nehmen.

 

Es werden hier leichtfertig Begehrlichkeiten geweckt, ohne dass wir einen Vorteil daraus ziehen können. Selbstverständlich macht es Sinn, bei der Anschaffung eines Neufahrzeugs auch ökologische Auswahlkriterien zu berücksichtigen. Aber die ausschließliche Betrachtung der Emissionswerte dürfte zu kurz gegriffen sein. Faktoren, wie Langlebigkeit, Zuverlässigkeit, Praxistauglichkeit , Wirtschaftlichkeit und die individuellen Betriebsparameter sollten auch aus dem ökologischen Blickwinkel keineswegs unterbewertet werden. Die Entscheidung über die eingesetzten Fahrzeuge sollte ausschließlich den Unternehmern obliegen. Aufgabe der Verbände ist es, weitgehende Freiräume für die erfolgreiche unternehmerische Tätigkeit ihrer Mitglieder zu schaffen. Ein Verbandsvorstand, der – möglicherweise aufgrund persönlicher Präferenzen für Hybridfahrzeuge – den Entscheidungsspielraum der angeschlossenen Unternehmer aufs Spiel setzt, hat seine Aufgabe missverstanden.