UBER: Hinterzieht der umstrittene Tourenvermittler Steuern?

Die ungarische Monatszeitung „Balaton“ meldet, dass „auf Anordnung des Wirtschaftsministers, Mihály Varga, das Ungarische Finanzamt NAV das Taxiunternehmen Uber prüft„. Das berichteten ungarische Medien unter Berufung auf eine Mitteilung des Ministeriums. Hintergrund sind Anzeigen wegen des Verdachts von Steuerhinterziehungen aus den Reihen von protestierenden Taxifahrern in Budapest. Geprüft wird auch, ob Uber in allen Fällen über die notwendigen Genehmigungen zur Ausübung des Taxigewerbes verfügen würde. „Die Untersuchung diene der Mitteilung des Ministeriums zufolge der Erhaltung eines fairen Wettbewerbes auf dem Markt und dem Schutz der Steuermoral im Taxigewerbe„, schreibt „Balaton“

 

Hintergrund dieser Untersuchung ist die Tatsache, dass bei der Tourenvermittlung in vielen europäischen Staaten, auch Ungarn und Deutschland, stets die in den als Niedrigsteuerland bekannte Niederlanden registrierte Firma Uber International Holding B. V. auftritt. „Da die Firma nicht über einen ungarischen Firmensitz verfügt, zahlt sie in Ungarn keine Steuern„, ergänzt die ungarische Zeitung in ihrem Bericht.

 

Die Rechtslage in Deutschland entspricht an diesem Punkt jener in Ungarn. So stellte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage des Bundestagsfraktion Die Linke im Oktober 2014 fest: Die 19% Umsatzsteuer für die Vermittlungsprovisionen, die Uber gegenüber den angeschlossenen Fahrern für eine Tourvermittlung in Rechnung stellt, sind hierzulande zu erheben und abzuführen. Dieses ergäbe sich aus dem Grundsatz, dass bei einer Dienstleistung, an der eine Firma in einem anderen EU-Land (hier: Niederlande) beteiligt ist, für die Klärung der steuerrechtlichen Fragen der „Leistungsort“, also dort, wo ein Tourangebot und eine Tourannahme auf einem Smartphone oder einem Tablet tatsächlich stattfindet, ausschlaggebend ist – und nicht, wo der Vermittlungsserver steht. Es gibt zwar einen kleinen Unterschied, ob derjenige, an den eine Tour vermittelt wurde, ein Unternehmer ist (UberBlack, UberTaxi) oder kein Unternehmer (UberPop). Es bleibt aber der Rechtsgrundsatz: Eine Tourvermittlung in Deutschland ist steuerrechtlich in Deutschland zu deklarieren und abzuführen.

 

Diese Frage spielte schon im Dezember 2014 eine Rolle, als der Autor ein SPIEGEL-Streitgespräch mit Fabien Nestmann, General Manager Uber Deutschland, führte. Dabei wurde von mir der Vorwurf erhoben: „Die 19 Prozent Mehrwertsteuer für ihre Vermittlungen zahlen sie auch nicht hier, sondern nur rund 4 Prozent Steuern in den Niederlanden.“ Dabei führte ich in einem nicht gedruckten Teil des Gesprächs die oben genannte Antwort der Bundesregierung zur Klärung der Rechtslage an. Nestmann druckste herum, merkte dann an, Uber zahle „alle fälligen Steuern“ (ohne auf Nachfrage aber erläutern zu wollen, was er unter „fällige Steuern“ verstehe: Deutschland oder Niederlande), und gab vor, als hätte überhaupt keine Kenntnisse von der Behandlung von „Steuerrechtlichen Aspekten von Uber“ im Bundestag zwei Monate zuvor. (Angemerkt sei hier noch, dass die Druckfassung des SPIEGEL-Streitgesprächs in einer zweistufigen Autorisierungsphase von Uber gegengelesen wurde. Eventuelle Ausreden, man hätte den implizierten Vorwurf einer systematischen Steuerhinterziehung im Uber-System „übersehen“, können also nicht geltend gemacht werden. Ein Dementi auf die erhobene Anschuldigung von Steuerhinterziehungen gibt es übrigens von Uber nicht, auch keine juristisches Begehren, diesen Vorwurf künftig zu unterlassen.)

 

Den Vorwurf, Uber wolle mit seinem Dienst UberPop eine „Schwarzarbeiterflotte“ etablieren, musste sich der aggressive Tourenmakler aus San Franzisco schon länger gefallen lassen. Die Fahrer, obwohl als gewerbliche Personenbeförderer unterwegs (bis Gerichte z.B. in Berlin, Hamburg und Frankfurt dem illegalen Treiben klare Urteile entgegensetzten), hatten idR nicht nur keinen „Führerschein zur Fahrgastbeförderung“, sondern auch keine Konzession für ihr Fahrzeug. Ohne eine solche kann man beim Gewerbeamt aber keine Gewerbeanmeldung für die Personenbeförderung beantragen. Und kriegt folgerichtig für eine solche selbstständige Tätigkeit weder eine Wirtschafts-Identifikationsnummer noch eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, welche für eine korrekte Steuerabführung jedoch nötig wären. Was die Menge der Schwarzarbeiter, die Uber als seine Personenbeförderer akzeptierte, im Übrigen, wenn man ehrlich und realistisch ist, aber auch gar nicht anstrebte.

 

Die Vorwürfe von Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung betraf bisher eine Reihe von Uber-Fahrer. In der nun anstehenden Untersuchung in Ungarn geht es aber um die Steuerangelegenheiten von Uber selber. Es verfestigt sich bei Beobachtern der Eindruck, dass unterhalb der HighTech-Fassade von Uber ein Steuer-Sumpf blubbert und brodelt. Vermutlich werden die Nachforschungen, die das ungarische Wirtschaftsministerium jetzt angeschoben hat, nicht die letzten in Europa und anderswo sein.

 

(In dem Artikel verwendet der Autor die Begriffe „Mehrwertsteuer“ und „Umsatzsteuer“ analog, weil dieses der Verständlichkeit dient und dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht. Steuerexperten mögen die Vereinfachung nachsehen.)

 

 

Quellen:

Bericht in ungarischer Zeitung „Balaton“

SPIEGEL-Streitgespräch 52/2014 mit Uber-Manager Fabien Nestmann (Anmerkung: Die nicht dementierte Anschuldigung einer Steuerhinterziehung findet sich in Spalte 2 oben)

Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage Bundestagsfraktion Linke  „Steuerrechtliche Aspekte von Uber“ (Bundestags-Drucksache 18/2732 vom 7.10.2014) (Anmerkung: Relevant ist hier die Antwort auf Punkt 4 der Anfrage.)

 

 

 

Erstveröffentlichung: 8. Mai 2015
 
 
 
Text: Clemens Grün

Foto: Thomas Gleiszner


 
 
 
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