RECHT: Illegale Taxi-Quittungen auch in Hansa-Taxis?

 

Viele Taxis, beispielsweise die der Hansa-Flotten „211211“, „Autoruf“, Taxi Hamburg 6×6″ und „das taxi“, benutzen die Vermittlungstechnik von FMS/Austrosoft aus Wien. Zumindest in den „211211“-Taxis sind zudem Quittungsdrucker des gleichen Herstellers Standard. Jetzt äußert ein Mitbewerber von FMS/Austrosoft den Verdacht, dass diese elektronisch erstellten Quittungen nicht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Nach einer Abmahnung änderte die Wiener Firma heimlich ihre Webseiten, informierte jedoch offenbar nicht ihre Kunden. Bekommen die gutgläubigen Hansa-Unternehmer jetzt ein Problem mit dem Finanzamt?

 

Es steht der Verdacht im Raum, dass die Firma FMS/Austrosoft, Hersteller der Hansa-Zentralensoftware und nach eigener Aussage „Europas Nummer 1“ im Bereich Taxi-Vermittlungstechnik, noch vor Kurzem ein Kassensystem angeboten hat, das in mehreren Punkten nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Das zumindest behauptet Manfred Schröder, Geschäftsführer der Hamburger Firma Payco, die seit Jahren speziell auf das Taxigewerbe zugeschnittene Kartenabrechnungs- und Fiskalsysteme entwickelt und vermarktet.

 

Als Payco-Geschäftsführer Manfred Schröder vor Kurzem als Kunde mit einem Hansa-Taxi fuhr, welches mit FMS-Vermittlungstechnik ausgestattet war, erhielt er nach der Bezahlung anstatt der üblichen handgeschriebenen Quittung einen maschinell erstellten Beleg. Natürlich betrachtete er diesen Beleg schon aus beruflichem Interesse etwas genauer als der Normalkunde. Das Ergebnis überraschte ihn allerdings: „Ich war erstaunt darüber, dass die Quittung in vielerlei Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht“, so Payco-Chef Schröder. Insbesondere bemängelt er, dass auf dem Beleg wesentliche, von der deutschen Kassensicherungsverordnung vorgeschriebene Informationen fehlten. Zudem wies der Beleg anstatt des Zahlbetrages lediglich den vom Taxameter angezeigten Fahrpreis aus, obwohl Schröder ein angemessenes Trinkgeld gegeben hatte. Einen Beleg über den Gesamtbetrag einschließlich Tipp gab es nicht. Möglicherweise mangelte es auch an einer Eingabemöglichkeit.

 

FMS warb mit einer „Registrierkasse“

Hintergrund der Kritik des Payco-Geschäftsführers ist, dass elektronische Registrierkassen gemäß der seit Anfang 2018 geltenden Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) bestimmte Angaben – unter anderem zur verwendeten Signiertechnik – enthalten müssen. Zwar gibt es für Taxiunternehmen derzeit keine Verpflichtung, eine gedruckte Quittung auszustellen. Macht man es aber trotzdem, müssten nach Schröders Meinung die für elektronische Registrierkassen geltenden Vorschriften – beispielsweise die Verwendung einer sogenannten „Technischen Sicherheitseinrichtung“ (TSE) – beachtet werden. Zumal die Firma FMS zu dem Zeitpunkt für eine ins System integrierbare elektronische Registrierkasse geworben hat. Verstößt eine solche Registrierkasse jedoch gegen die aktuellen Vorschriften, sind Beleg und Buchung nicht rechtskonform. (Zum Hintergrund siehe Artikel „Elektronische Kassen im Taxigewerbe„)

 

Taxistellen-Leiter Ritter schaltet Finanzamt ein

Sollten die Vorwürfe des Payco-Chefs zutreffen, könnte dies sowohl für die Firma FMS als auch für deren Kunden unangenehme Konsequenzen haben: Sowohl der Verkauf und das Bewerben nicht gesetzeskonformer Kassensysteme als auch deren Verwendung sind mit empfindlichen Strafen bewehrt. „FMS behauptet, dass es keine TSE-Pflicht für Taxiunternehmer gibt und informiert somit unsere Kunden falsch. Seit zwei Jahren arbeiten wir an der TSE-Lösung und werden uns jetzt gegen die rechtswidrigen FMS-Behauptungen juristisch wehren“, beklagt sich Payco-Geschäftsführer Schröder, der in den vergangenen Jahren aufgrund der behördlichen Fixierung auf die proprietäre Insika-Verschlüsselung gegen starke Ressentiments seiner kostengünstigen Fiskal- und Kassenlösung kämpfen musste. Er hat deshalb bei der Hamburger Genehmigungsbehörde Beschwerde eingelegt und die Firma FMS/Austrosoft wegen Wettbewerbsverstoßes abgemahnt. Ob eine maschinell erstellte Quittung, wie von Schröder vermutet, die Maßgaben eines Kassensystems erfüllen muss, wird nach seiner Beschwerde derzeit von Behörden geprüft. „Wir haben die Sache zur weiteren Bearbeitung an die Steuerverwaltung abgegeben, da die Regelungen zur Kassensicherungs-Verordnung in deren Zuständigkeitsbereich fallen“, so der Leiter der Taxenbehörde, Dirk Ritter, in seinem Antwortschreiben an den Payco-Chef. Es müsse geprüft werden, ob es sich bei einer solchen Taxiquittung um einen Beleg aus einer Kasse handele oder lediglich um einen Ausdruck der Taxameteranzeige. Ob ein solcher Ausdruck ohne weitere Eingabemöglichkeiten beispielsweise für Mehrwertsteuersatz und Fahrtdaten als korrekte Quittung anerkannt werden kann, wird sicher Bestandteil der Antwort sein. Die Einschätzung des Finanzamtes ist äußerst interessant für alle Unternehmen, die ihre Belege mit einem Quittungsdrucker erstellen. Denn wenn es sich um einen Kassenbeleg handeln sollte, müsste er auch rechtskonform signiert und gespeichert werden. Zuwiderhandlungen könnten zum Verwerfen der Buchführung und zur Steuerschätzung führen, weil im Gegensatz zum behördlichen Wunsch nach einem Insika-Fiskaltaxameter die Signaturpflicht für Kassen seit September 2020 eindeutig gesetzlich vorgeschrieben ist. Es ist also dringend erforderlich, bezüglich der inzwischen in der Taxenordnung verankerten elektronischen Quittungen für Rechtssicherheit zu sorgen, damit es kein böses Erwachen bei der nächsten Steuerprüfung gibt.

FMS ändert heimlich ihre Webseiten

Die Firma FMS gibt in ihrer Antwort auf die Abmahnung die Unschuld vom Lande: „Es hat zu keinem Zeitpunkt einen Vertrieb der Registrierkassenlösung im Bereich der Bundesrepublik Deutschland gegeben und dies ist jedenfalls auch so lange nicht beabsichtigt, solange hier nicht alle technischen Voraussetzungen gegeben sind“, behauptet deren „rechtsfreundlicher Vertreter“, der Wiener Rechtsanwalt Dr. Udo Elsner im Antwortschreiben auf die Abmahnung. Das Angebot habe sich ausschließlich an Kunden aus Österreich gerichtet. Tatsächlich wurde die Webseite nach Erhalt der Abmahnung flugs entsprechend geändert. So ist der Menüpunkt Fiskallösung mit der Beschreibung der angeblich rechtskonformen FMS-Registrierkasse plötzlich verschwunden und der ursprüngliche Link „#Fiskalloesung“ verweist auf eine „Fiskallösung Österreich“. Ob jedoch auch allen deutschen Kunden klar ist, dass es sich bei den FMS-Quittungsdruckern nicht um die kürzlich noch beworbenen „Registrierkassen“ für „gesetzeskonforme Quittungen“ handelt, dürfte fraglich sein. Die deutsche Flagge auf der bisherigen Website deutete jedenfalls nicht explizit auf einen österreichischen Rechtsrahmen hin. Auch in der noch nicht von der Webseite verschwundenen Pressemitteilung zur Kölner Taximesse 2018 schwingt der Stolz über die gerade auf den Markt gebrachte Kassenlösung mit: „Die neu vorgestellte fms-Fiskallösung ist ein weiterer Messe-Hit bei den Besuchern. Mit dem Modul „Digitale Grundaufzeichnung“ und dem Modul „Registrierkasse“ ist jeder Taxiunternehmer für die digitale Datenerfassung bestens gerüstet“. Die Daten würden für die Finanzkontrolle im GOBD-Format gesichert, heißt es weiter. Nur wenige Kundinnen und Kunden werden diesen Hinweis auf eine Verwaltungsanweisung einer deutschen Behörde als klare Ansage verstehen, dass das beworbene System ausschließlich in Österreich angeboten wird. Eher würden sie vermutlich von einer Firma, die sogenannte Fiskallösungen anbietet, eine schnelle Reaktion auf einen veränderten Rechtsrahmen und eine offene Kommunikation erwarten. Denn es geht bekanntlich bei diesem Thema um nicht weniger als die wirtschaftliche Existenz. Es bleibt, besonders im Kontext der aktuellen Aufnahme von Taxametern in die Kassensicherungsverordnung, zu hoffen, dass seitens der entsprechenden Behörden alsbald mit klaren Aussagen Rechtssicherheit geschaffen wird, damit zumindest die willigen Systemhersteller schnell reagieren können. Nur so können die Taxiunternehmerinnen und Taxiunternehmer vermeiden, ins fiskalische Messer zu laufen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Systemhersteller, die ja geschäftsbedingt über die entsprechende Expertise verfügen müssen, mit offenen Karten spielen. In jedem Fall sollten sich Nutzerinnen und Nutzer von elektronischen Kassensystemen in Taxis die von diesen Systemen erstellten Quittungen zukünftig hinsichtlich der strengen Anforderungen der Kassensicherungsverordnung genau ansehen und sich nicht ausschließlich auf die Werbeversprechen der Hersteller verlassen.

 

Oder bei Barzahlungen schlicht zum guten alten Quittungsblock greifen.

 

 

Erstveröffentlichung: 2. Juli 2021

Autor: Clemens Grün / Sven Althorn

Bilder: FMS