Taxistreik: Erfolgreicher „Taxifreier Tag“ markiert eine Zäsur

Erst wenige Tage liegt der „Taxifreie Tag“ zurück, aber schon jetzt kann festgestellt werden: Die Aktion markiert eine Zäsur in der Gewerbepolitik des Taxigewerbes in Deutschland.

Alle waren gegen den Aufruf an Taxifahrer, einen ganzen Tag lang die Arbeit ruhen zu lassen: Der Hansa-Vorstand nannte das Ansinnen „Schwachsinn“, mytaxi schrieb alle angeschlossenen Fahrer an und sprach sich gegen eine Teilnahme aus, die von Herrn Möller heruntergewirtschaftete Zentrale am Grindelhof jammerte, man möge „bitte am 12.03.2018 an unsere Krankenfahrten denken“ und schloss die Generalmeldung mit !!!! (vier Ausrufezeichen) ab.

Und dann brach am Montag 12. März 2018 in Hamburg an vielen Stellen die Taxiversorgung zusammen. Am Flughafen kamen den ganzen Tag Taxis nur in homöopathischen Dosen an, Hauptbahnhof und Dammor waren genauso unterversorgt wie die „Internorga“-Messe.

Im abendlichen Fernsehbericht (NDR „Hamburg-Journal,  https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/Taxifahrer-protestieren-gegen-neuen-Fahrdienst,hamj65212.html ) klagte eine Geschäftsfrau am Flughafen: „Taxi funktioniert nicht“. Der TV-Journalist konterte: „Die Taxis funktionieren, aber die Taxifahrer wollen nicht funktionieren“. Touché!

Den Anfang nahm die Aktion mit einem Schreiben des Hamburger Taxifahrers und -unternehmers Orhan Tasbilek, seit der letzten Wahl zum Handelskammer-Parlament zudem gewählter Vertreter des Hamburger Personenbeförderungsgewerbes. Aus einem spontanen Impuls heraus, nur erklärbar durch eine Gemengelage unterschiedlichster Frust-Gedanken, forderte er seine Kollegen auf, einfach mal frei zumachen – gemeinsam am 12. März 2018. Er hatte den richtigen Riecher: In den folgenden Tagen baute sich auf der Straße eine kampfbereite Stimmung auf. Seit Jahren nimmt der Druck externer Kräfte auf das Taxigewerbe zu: Erst versuchte die Skandalfirma Uber 2014 einen Angriff mit Hobbytaxis, für die nichts gelten sollte, nicht einmal die Steuergesetzgebung. Die Lobbyisten von Investoren und Firmen, die in der Beförderung von Menschen ein künftig lukratives Zukunftsfeld sehen, begannen ihre Einflüsterungen bei Ministeriellen, Parlamentariern und Parteien. Ziel ist die „Novellierung“ genannte Aushebelung von allerlei Vorschriften im „Personenbeförderungsgesetz“, um das bisher ÖPNV, Taxigewerbe und deren Kunden gleichermaßen schützende Gesetz zu ändern zugunsten einer neuen Markt-Verteilung samt Generierung von größeren Renditen. Da stören der vom Staat gleichermaßen geschützte und subventionierte ÖPNV sowie das kleinteilig organisierte Taxigewerbe.

Wer von den objektiven Mechanismen bei der Personenbeförderung keine Ahnung hat, der kann schon auf die Idee kommen, hier könne größes Geld verdient werden. Zuerst dringen milliardenschwere Konzerne mit neugeschaffenen Töchtern (VW, noch so eine Skandalfirma, mit der eigens geschaffenen Tochterfirma „Moia“) in die Personenbeförderung rein und wollen den Markt mit hoch subventionierten Dumping-Preisen aufmischen. Die Hamburger Politiker, die VW/Moia länger beackert hat, haben „50 Millionen Euro“ verstanden, die der Konzern bereit sei, pro Jahr in die neue Kleinbus-Flotte nur in der Hansestadt zu pumpen. Mit viel Geld werden Markteinteile „gekauft“. Sobald die firmeneigenen Techniker die noch zahlreichen Probleme beim autonomen Fahren gelöst haben werden und also die Fahrer als größter Kostenblock einzusparen wären, begänne, so die feuchten Träume von Uber, VW & Co., das Zeitalter des großen Geldverdienens. Da Manager nie das eigene Geld ausgeben, berauschen sie sich an solchen Ideeen, die zwar in ein paar Jahren als genauso unausgegoren dastehen werden wie frühere (z.B. „papierloses Büro“; stationsloses Carscharing, Marktanteil lt. Erfinder Robert Henrich (einst Car2Go bei Daimler, heute Moia bei VW) heute „Null Komma“), aber dann werden wieder neue Säue durch die globalen Dörfer getrieben, und das Geschwätz von gestern, also die hochtrabenden Pläne von heute, interessieren dann nur noch ein paar Soziologen sowie Konkursverwalter.

Die Kollegen auf der Straße haben zwar nicht so erschlagende Powerpoint-Präsentationen und ausführlichen Konzept-Papiere in der virtuellen Tasche. Aber sie haben ein gutes Gespür dafür, dass dort Manager renditegetriebener Firmen ihnen den Job streitig machen mit Plänen, die gleichermaßen unausgegoren wie überfinanziert sind. Ein Kollege brachte es auf den Punkt: „Taxigewerbe ist wie Afghanistan – das ist nichts für die Großen.“

Die oben angesprochene Zäsur ist nun folgende: Der Kampf gegen die Investoren und Firmen samt ihrer Legionäre (Manager) wird jetzt getragen und vorangetrieben von den Kollegen auf der Straße, die sich – auch dank sozialer Medien – emanzipieren von den Funktionären der Tourvermittler und Gewerbeverbände. Die Zäsur fördert einen weiteren Aspekt an das Tageslicht: Die Vorstände von Hansa (Schütte, Lohse), der Vorstand des Hansa-Hausverbandes Taxen-Union (Brüggmann), der Zentralenfürst vom Grindelhof (Möller), der zuständige mytaxi-Manager (Mönch), der Abteilungsleiter in der Handelskammer (Troeder), der Chefredakteur von „Taxi Times“, der Vorsitzende des Bundesverbandes BZP Müller, auch der Autor dieses Blog-Artikels: Alles Biodeutsche. Die Meinungsbildung auf der Straße findet aber zunehmend in türkischen, persischen, afghanischen, indischen und anderen Netzwerken statt. Da haben die Genannten nahezu keinen Einblick und, wie jetzt manifestiert, auch keinen Einfluss mehr drauf.

Es gärt auf der Straße, weil die Angriffe auf unser Gewerbe stärker werden. Momentan haben die Taxifahrer alle Möglichkeiten, Sand in das Rendite-Getriebe zu streuen, und sie werden diese nutzen. Ein Anfang wurde am Montag 12.03.2018 gemacht. Es wird, das ist vorhersehbar, weitere Aktionen geben, solange Politik die Mobilitäts-Grundversorgung gefährdet zugunsten einer ungerechten Industriepolitik. Zur Belohnung soll den Diesel-Betrügern die Bus-, Bahn- und Taxi-Kunden zur künftigen Ausplünderung ausgeliefert werden. War jedenfalls der Manager-Plan, manche in Politik und Verwaltung glauben bis heute fest an die extra dafür angefertigten Greenwashing-Parolen.

Die Taxifahrer haben es in der Hand, den Rendite-Planern einen Strich durch die Rechnung zu machen. Der Kampf gegen Uber war erst ein Anfang.

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